Dienstag, 1. Februar 2011

Und täglich grüßt die Revolution: Gefahr steigt in Saudi-Arabien, Kuwait stellt Bevölkerung ruhig

Während nach Angaben des Fernsehsenders al-Dschasira zwei Millionen Menschen in Kairo protestieren, wächst die Gefahr in Saudi-Arabien, dass sich die Herrscher einem revoltierenden Volk gegenüber sehen. Kuwait verteilt derweil Beruhigungspillen, um die Preisexplosion bei Lebensmitteln zu kompensieren.

Das Volk der Shia macht zwar nur zehn Prozent der saudi-arabischen Bevölkerung aus, dafür sind sie aber in dem Gebiet ansässig, in dem die großen Ölfelder Saudi-Arabiens liegen. Bereits in der Vergangenheit habe es Straßenkämpfe zwischen Sicherheitskräften und der ansässigen Bevölkerung gegeben, jedoch wurde dies kaum öffentlich, sagte der Nahostexperte Faysal Itani dem Telegraph.

König Abdullah ist unterdessen als Verschwörungstheoretiker unterwegs und sagte in einer Presseerklärung, dass "Agitatoren Ägypten infiltriert haben um eine Destabilisierung der Sicherheitslage herbeizuführen. Sie stiften an und verbreiten bösartige Volksverhetzung". Möglicherweise stecke der Iran dahinter, der jüngst die "berechtigten Forderungen" der Demonstranten hervorhob, so der Artikel weiter.

Die Jugendarbeitslosigkeit (20-24 Jahre) beträgt satte 42 Prozent in Saudi-Arabien. Eine abgehobene Königsfamilie mit etlichen Prinzen, die sich ihre Zeit bei der Falkenzucht und anderen Annehmlichkeiten nicht zu kurz werden lassen, tut ihr Übriges, um den Zorn des Volkes und vor allem der Jugend weiter anschwellen zu lassen. Sollte es tatsächlich zu einem Protest in Saudi-Arabien kommen, so ist der Dollar in großer Gefahr.

Unterdessen verkleidet sich der Regierungschef von Kuwait als Weihnachtsmann und verteilt großzügig Geschenke an seine Untertanen. Insgesamt fünf Milliarden US-Dollar lässt sich der Scheich das kosten. Jeder Kuwaiter erhält demnach rund 3.500 US-Dollar, auch jedes neugeborene Baby, solange es vor dem 1. Februar auf die Welt kommt. Außerdem verteilt der Scheich in den nächsten 14 Monaten Lebensmittelgutscheine. Begründet wird dies mit verschiedenen Jubiläen im Emirat. Tatsächlich haben sich allerdings in den vergangenen Monaten die Lebensmittelpreise um bis zu 35 Prozent erhöht, was schon eher nach einem Grund aussieht, weshalb der Emir seine Schatulle öffnen sollte. Übrigens ist der Durschnittslohn(!) für einen beim Emirat Angestellten höher als 3.500 US-Dollar monatlich.

Ich halte ein Ausbreiten der Protest bis nach Saudi-Arabien durchaus für möglich, jedoch denke ich, dass vorher andere Regime, Jemen und/oder Syrien, fallen werden, bevor es zur finalen Revolution kommt. Wenn sie kommt.

PS: Auf dem SPON-Ticker zu Ägypten war gerade zu lesen, dass sich die Opposition einig sei, den Rücktritt Mubaraks zu fordern, um anschließend eine "Regierung der nationalen Allianz" zu etablieren. Wetten, die Bewegung "6. April" kriegt 1-2 Posten ab? :)

6 Kommentare:

  1. servus!

    jordanien hat auch schon seinen regierungschef ausgetauscht. sollte sich jedoch bei den saudis das volk erheben, so rechne ich fest damit, dass sich die USA einmischen werden.

    grüße

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  2. Warum hälst du ein Ausbreiten der Revolution bis nach Saudi-Arabien für realistisch?

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  3. Hallo Rico!

    Nunja, ich halte sie für möglich, von realistisch war nicht die Rede. :)
    Saudi-Arabien hat doch ähnliche Probleme, Jugendarbeitslosigkeit, eine abgehobene Königsfamilien-Kaste. Das Ding ist, dass Saudi-Arabien durch ihr Öl sehr reicht ist, sie könnten natürlich auch Kuwait zum Vorbild nehmen und mal eben das monetäre Füllhorn auspacken, die Frage ist, ob die Bevölkerung so auf Dauer(!) zu besänftigen ist.

    Hinzu kommt, dass Saudi-Arabien (s. Telegraph-Link) bereits jetzt innerstaatliche Probleme hat und erste Proteste losgehen, wobei die Motivation wohl eine andere ist.

    Abgesehen davon leben die Saudis vom Öl, die größten Felder sind schon sehr lange in Betrieb und es wird ein Staatsgeheimnis daraus gemacht, wie viel Öl dort wirklich noch gefördert wird. Und dass die Fördermengen in den Riesenfeldern der Saudis rückläufig ist, findest Du bei wiki: http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%96lfeld#Die_gr.C3.B6.C3.9Ften_.C3.96lfelder

    Wenn der Ölstrom versiegt, werden sich die Menschen schon fragen, wozu sie eigentlich noch ein derart dekadentes Königshaus brauchen.

    Bis dann!

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  4. Bin zwar ein Nahost-Laie, aber diese Meldung ist unter Umständen hilfreich:
    Es soll in Saudi-Arabien einen Protest wegen schlechter Infrastruktur nach einer Überschwemmung gegeben haben:
    http://news.orf.at/stories/2039122/

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  5. Hallo Marktzyniker!

    Danke dir zunächst für deinen Hinwei!

    Vergleich:
    http://wisopo.blogspot.com/2011/01/dollar-kollaps-durch-saudi-arabische.html

    Ganz unten hatte ich den Link schon verwurstet, wenn auch zugegeben "etwas" überspitzt formuliert. :)

    Was die Proteste in Saudi-Arabien angeht: Ich hatte mich dabei eher auf den Telegraph-Artikel bezogen, da kommt n "Experte" zu Wort, der von Aufständen der Shia-Bevölkerung spricht. Zumindest ersten zaghaften Aufständen.

    Grüße,
    WiSoPo

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  6. Du hast recht. Die Jugendarbeitslosigkeit ist Schätzungen zufolge genauso hoch. Ob das allerdings ausreicht, das Königshaus zu stürzen, halte ich für unwahrscheinlich.

    Denn zwei gewichtige Faktoren sprechen dagegen:
    1. Die Aufstände aus dem Telegraph-Artikel sind auf die schiitische, stark kontrollierte Minderheit begrenzt.
    2. Der Wohlstand Saudi-Arabiens ist deutlich größer. Das BIP/Kopf beträgt etwa das 11-fache des ägyptischens.

    Ich glaube, dass es in Saudi-Arabien eher zu einem Bürgerkrieg als zu einer bottom-up-Revolution wie in Ägypten oder Tunesien kommt. Sunni-Fundamentalismus ist in dem Land in der vergangenen Dekade zu einem ernsten Problem geworden.

    Aber wie die jüngsten Ereignisse zeigen: Prognosen sind schwierig. Schließlich hätte vor zwei Wochen auch noch keiner für möglich gehalten, dass ausgerechnet im arabischen Herzland Ägypten 1 Mio Menschen auf die Straße gehen.

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